Die Schweiz und Deutschland mögen Ähnlichkeiten aufweisen – wirklich gleich sind beide Länder selbstverständlich nicht. Die kleinen Unterschiede, die bestehen, können gerade bei heiklen Bewerbungsverfahren Bedeutung haben. Unser Schweizer Partner Michael Büchi erklärt im Gespräch, wie Management Professionals sich vorbereiten können.
Herr Büchi, wie ähnlich oder unterschiedlich sind Schweizer und Deutsche wirklich?
Grundsätzlich weisen der deutschsprachige Teil der Schweiz und Deutschland viele ähnliche Werte und Gepflogenheiten auf; da gibt es mehr Gemeinsames als Trennendes. Doch Bewerber sollten die Nuancen, die eben auch bestehen, keinesfalls unterschätzen. Leider wird die Schweiz von einigen deutschen Professionals noch immer als eine Art südliches Baden-Württemberg; umso grösser dann die Überraschung beim Bewerbungsgespräch im helvetischen Kontext.
Welche Überraschungen meinen Sie?
Fangen wir ganz vorne an, bei der schriftlichen Bewerbung: Die besteht in der Schweiz ähnlich wie in Deutschland aus Motivationsschreiben (auch Anschreiben oder Cover Letter), dem vollständigen und lückenlosen Lebenslauf mit Foto sowie den Arbeits- und Zeugniskopien. Wichtige Kleinigkeiten: Kein Komma nach der Anrede und natürlich kein „ß“ (sz), das gibt’s im Schweizer Schriftdeutsch ja bekanntlich nicht.
Haben Sie Hinweise für die schriftliche Berwerbung?
Natürlich: Bei der Auswahl der Bewerbenden sind die Persönlichkeitsmerkmale sowie die bereits erzielten beruflichen Leistungen mindestens so wichtig wie konkrete Studienergebnisse; heben Sie Ihre also entsprechend hervor. Übertreiben Sie es dabei aber nicht mit der Selbstvermarktung:
Fast alle Schweizer schätzen Bescheidenheit, Superlative jeder Art sind daher nicht zu empfehlen. In Ihr Anschreiben sollte die üblichen Fragen beantworten: Warum interessieren Sie sich für die Stelle? Welche Fähigkeiten und Erfahrungen qualifizieren Sie? Aus welchen Gründen möchten Sie gerade für dieses Unternehmen arbeiten?
Klingt, als gäbe es keine Besonderheiten…?
Stimmt. Aber einige Firmen erfragen im weiteren Verlauf zusätzliche Einzelheiten mittels eines „Personalienblattes“. Darauf wird beispielsweise der „Heimatort“ erfragt, als ausländischer Bewerber tragen Sie dort Ihren Geburtsort ein. Das Feld „Militärische Einteilung“ können Sie als Nicht-Schweizer dagegen leer lassen. Sollte ein Betreibungs- oder Strafregisterauszug verlangt werden, können die meisten deutschen Bewerber stattdessen eine Schufa-Auskunft oder das in Deutschland übliche Führungszeugnis einreichen.
Und wie verlaufen die eigentlichen Bewerbungsgespräche?
Der Schweizer Recruiter wird im Gespräch mit Ihnen natürlich Hochdeutsch sprechen – und sich damit im Einzelfall vielleicht geringfügig schwerer tun als mit dem Schweizerdeutschen. Sprechen Sie also selbst langsamer und bleiben Sie außerdem geduldig, wenn Ihr Gegenüber für Ihre Hörgewohnheiten langsam oder sogar zu langsam spricht. Respektieren Sie außerdem jederzeit die in der Schweiz übliche Zurückhaltung und Grundharmonie – deutsche Direktheit führt sie hier nicht immer ans Ziel. Dazu gehört auch, dass Sie Salärfragen nie während des ersten Gesprächs thematisieren sollten!
Zum Schluss vielleicht noch: Was erwartet erfolgreiche Bewerber? Wie sieht der Schweizer Arbeitsalltag aus?
Ähnlich wie der deutsche: Auch die Schweizer Arbeiten viel, Verträge mit 42-Stunden-Woche und 20 Tagen Jahresurlaub sind die Regel. Mir persönlich kommt es allerdings immer so vor, als würden die Schweizer ihre Arbeit ruhiger verrichten als die Deutschen: Der Ton ist etwas höflicher, das Arbeitsgeschehen als solches erscheint zumindest mir immer etwas konzentrierter und weniger hektisch. Der Größte Unterschied besteht vielleicht in Sachen Führung und Entscheidungsfindung: Hierarchien spielen in vielen Schweizer Unternehmen zwar nach wie vor eine größere Rolle, dafür werden die meisten Firmen vielleicht etwas partizipativer geführt als in Deutschland.
Vielen Dank für diese Einschätzungen, Herr Büchi!
Danke, gerne wieder.
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